WIDERSPRUCH UND GLAUBE


"... der kampf zweier Extreme Ruhe und Arbeit, und der menschliche Körper ist das Schlachtfeld und hat alles über sich ergehen zu lassen, was man ihm tut ..."
reinhold langner, tagebuch 1928/33


reinhold langners leben und werk ist widerspruch, ein widerspruch in sich selbst; zuallererst aber widerspruch gegen seinen vater. der vater dominiert ihn. er prägt ihm seinen eigenen namen auf und bedrängt ihn, seinen beruf zu ergreifen. der sohn des holzbildhauers reinhold langner wird holzbildhauer - vorher hat er das maurerhandwerk erlernt, in der hoffnung, architektur zu studieren und baumeister zu werden. die finanzielle lage der familie läßt dies nicht zu.
:
geboren wird reinhold langner am 21.11.1905 in weinböhla bei dresden - hinein in ein beginnendes jahrhundert starker gesellschaftlicher verwerfungen.
zwei unvorstellbar grausame weltkriege, haß, liebe, nationalsozialismus, begehren und hunger, totalitarismus, leid und hoffnung fahren wie naturgewalten durch die menschen dieser zeit, und langner lebt mittendrin.
diese kräfte belegen ihn zeitlebens mit einem bann dem er sich nicht zu entziehen vermag und werden sein werk auf eine besondere weise formen.
:
reinhold langners drang zu form und gestalt ist ursächlich ein tiefer drang zur SEBST-formung. zuinnerst muß er sich abgrenzend gegen seinen vater formen - ein „ … differenzieren …“ beschwört er immer und immer wieder in seinem tagebuch. durch die verweigerung des eigenen namens schien ihm der übermächtige vater auch ein eigenes leben vorzuenthalten. er schreibt: „… wäre ich nicht R.L. geworden wäre ich ganz bestimmt Gärtner geworden…“
auch muß er sich abgrenzen gegen ein räuberisches gemeinwesen, das ihm wie vielen anderen auch kaum das tägliche brot läßt.
der glaube an ein besseres menschsein läßt reinhold langner frühzeitig zur sozialistischen arbeiterjugend finden. er arbeitet eng mit dem politischen kabarett ROTE RATTEN zusammen, mit dessen leiter - dem kommunisten herbert krauß - ihn eine innige freundschaft bindet. er gestaltet szenenbilder und masken. die durch auftritte entstehenden unkosten werden mit dem verkauf kleinformatiger expressiver holzschnitte gegedeckt.
zur klärung seines ureigenen so-seins - dieser ihn zerreißenden widersprüche - hilft ihm die politisch-kulturelle arbeit kaum. bei aller offenheit ist langner ein in sich gekehrter mensch. die „… herde …“ 1) ist nicht sein ort.
1947 wird er in einem knapp verfaßten lebenslauf
vermerken: „ … und ich wurde durch die Kulturarbeit der Arbeiterjugend und irgendwelche seelische Wandlungen zur freien Kunst gezogen …“
:
1) reinhold langner, tagebuch 1928/33

vorwärts
zurück
bild
aquarell, um 1920

index werkverzeichnis ausstellungen